Wonnemonat November

Der Junghund ist eine Rakete in der Phase der sozialen Reife, und ich bin schlapp. Die Krankschreibung gilt aber nicht für`s Privatleben... Morgenrunde habe ich geschafft, jetzt ist es Nachmittag, und der Hund muss raus. Manchmal hilft der Mann und kommt früher von der Arbeit, manchmal findet sich ein vierbeiniger Spielkamerad und die Zwei bespaßen sich  gegenseitig. Der Mann war gestern und vorgestern schon hilfreich, der Hundekumpel hat die ganze Nacht gekotzt (und anderes), und bei mir reicht es nicht für die große Runde. Also fahren wir zum Strand.

Bekanntermaßen beginnt die Strandsaison des Hundehalters mit dem 1. Oktober und dauert bis 31.März. Das Elend, sich 50 m Uferzone mit den Kitesurfern teilen zu müssen, ist vorbei, und im Wonnemonat November liegen noch viele Wochen der Freiheit vor uns. Die Wetter-App sagt nach Regen am Morgen Sturm am Abend mit Böen bis Stärke 9 voraus. Dazwischen liegen drei Stunden Sonne, das passt! Die 20 Minuten Autofahrt lohnen sich, der Parkscheinautomat ist demontiert, Abilene federt gerade noch leinenführig neben mir her bis zum Deich. Leine los und erste Sprints nach der Beißwurst! Es folgt ein kleiner Schilfgürtel, dann Steilküste. Ebbe hat es auch noch, der Strand ist wunderbar breit. Kein Mensch, kein Hund, alles unser.  Das Kacksackerl lege ich für den Rückweg neben der 40-Stufen-Treppe ab, die Abilene währenddessen zweimal hoch und runter rast. Geht es jetzt los? Oder was? Ich werfe nie weit genug, aber zergeln tun wir anständig, das gleicht  es aus. Bis kurz vor Laboe  gehen wir, d.h. ich gehe und hopse ab und zu, Abilene schnüffelt, hüpft, rast, und guckt, wo ich bleibe. Ich achte darauf, dass sie bei dem entgegen kommenden Pärchen schön bei Fuß geht und keinesfalls in den Türsteher-Modus gerät. Also schon vorher klar stellen, dass die beiden auch hier laufen dürfen, ich sie schon lang gesehen habe – prima, vorbei, jetzt darf sie wieder vorweg laufen. Tut sie auch. Mit Vollgas verschwindet sie im Gebüsch: Scheiße war's, und jetzt ist die weg, Abilene spuckt nur noch ein paar Algenreste aus. Das könnt ich ihr auch noch abgewöhnen... Überhaupt ist das Freilandbarfen groß im Kommen, sind Krabbenreste, Muschelschalen und fein Fauliges sehr beliebt. Kurz vor Laboe drehen wir um, Straße brauch ich keine. Abilene guckt, ob nicht noch mehr passiert. Um mich etwas zu beschleunigen, rennt sie noch mal ins gleiche Gebüsch, ich WEISS, das ist ein Jux, als hätte sie da was übrig gelassen. Für Rempelspiele bin ich nicht gut genug in Form  und sie schaut so erwartungsvoll – machen wir halt Unterordnung. Prima Idee! Ein bisschen Fußarbeit, Sitz und Platz und Hier (könnte gerader sein), „Durch“ die Beine mit 15 cm tiefen Bremsspuren, Voran, Platz auf Entfernung, die Fußgänger oben am Abhang und die Möwen sind ihr völlig schnurz. Ein, zweimal gibt es Fehlstarts, dann kann sie abwarten, was ich mir als Nächstes wünsche.  Das Kacksackerl hat mir jemand anderes weggeräumt. Auch schön, dann spielen wir noch verstecken. Der Hund wird abgelegt und ich verschwinde im Schilf, komme ohne Futterdummy zurück: „Platz!!“ Oh Mann, das hat schon besser geklappt. Ich zähl bis 15, dann darf sie los. Zwei Minuten später ist sie mit dem Dummy zurück, und wir schlendern zur Mole, der Wind weht uns um die Nasen, Abilene dreht noch einige Extrarunden, ruhig halten ist nicht, Standfoto im Abendsonnenschein unmöglich. Inzwischen sind noch zwei kleine Hunde samt Halter unterwegs, nicht allzu weit, aber uninteressant. Abilene hat etwas richtig Gutes entdeckt, ein Vogelgerippe! Möwe, Ente? Egal, geteilt wird nicht. In großen Bögen rennt sie um mich rum, hach, was ist das Leben schön! Und weil ich nicht hinterher renne, lässt sie es nach einigen Minuten tatsächlich für die nächste Spielrunde mit mir fallen und vergisst es.

 Dann ist es Zeit zum Heimfahren.

Das Frauli hat Konditionsschwäche und muss mal wieder auf die Couch.