Früh übt sich
… so heißt das Seminar, das mit den Trainerinnen der 2017 gegründeten Gesellschaft CreaCanis durch den RZV zur Verlängerung der „Sachkunde Welpenbetreuer“ am 4.12.2021 angeboten wurde. Die Nachfrage war groß, knapp 50 Interessierte hatten sich angemeldet, das Novum einer online-Fortbildung wurde sehr gut angenommen. Und das, obwohl auch von den Teilnehmer*innen Disziplin verlangt wurde. Bild aus, Mikro aus! Eine Moderation sorgte dafür, dass alle Fragen beantwortet und alle Diskussionsbeiträge gewürdigt wurden. Dreimal 1,5 Stunden Vortrag ergänzt durch Chat-Beiträge der Teilnehmer*innen, dann jeweils gefolgt von Diskussion und Pause mit Zeit für schnellen Gassigang, Hirn lüften und neuen Kaffee kochen für die nächste Runde, so gestaltete sich der äußere Rahmen. Gut, dass auch die Vortragenden wechselten, das machte das andauernde Konzentrieren auf die interessanten Themen „Richtiges Spielen“, „Frühförderung“ und nicht zu unterschätzen: „Ruhe, Raum, Impulskontrolle“ leichter.

Es gäbe viel zu sagen, zu schreiben, ein paar persönliche Highlights mag ich berichten: Martina Bacher sprach beim „richtigen Spielen“ davon, dass man sich schon mal auf die Knie und damit auf Augenhöhe des Welpen begeben müsse, das Zergeln zur Schonung der Wirbelsäule keinesfalls vertikal erfolgen dürfe und im Zahnwechsel sowieso ganz verboten gehört. – Ansonsten brauche man sich nicht zu wundern, wenn der Hund im weiteren Leben die Beißwurst mit Zahnschmerzen verbinde und keinen schönen Anbiss zeige.
Drei Minuten –so kurz kann sich der kleine Hund konzentrieren, und der Welpe gibt die Dauer des Lernens vor.

Die Frühförderung von Welpen war Antje Engels Thema. Auch hier kann ich nur einzelne Punkte ansprechen aus der Fülle der Informationen. Da wurde das Führen mit einer Zeigegeste statt nur mit Futter favorisiert, die Wichtigkeit sozialer und emotionaler Belohnung betont. Und zur besseren Verknüpfung: Bestätigung sollte während der Leistung erfolgen und nicht danach. Sehr schön war für mich zu hören, dass die inflationäre Nutzung von super- und hyper- und megatollen Leckerchen überflüssig sei. Das ganz normale Futter genügt beim täglichen Training, gewürzt mit der Begeisterung des Hundeführers über die Anstrengungen des Welpen. Und dann, immer wieder, geht es um das saubere Arbeiten: Wann kommt der Marker, der Auslöser? - Es ist eben nicht beliebig, wo und wann ich belohne: Wenn der Hund sich bewegt oder nicht, wenn ich laufe, vorgeneigt, einladend rückwärts, oder  blockiere ich den Hund mit meinem Blick oder gucke ich auf’s Ziel und lade ihn ein? Das alles soll den Hund aktiv werden lassen, ihn das Lernen lehren.

Auch wir waren müde vor dem dritten und letzten Vortrag „Ruhe, Raum, Impulskontrolle“ von Aliki Busse, fingen wohl auch mal an herum zu zappeln oder vielleicht gar auf dem Smartphone herum zu tippen. Waren nicht mehr so bei der Sache. Wer weiß das schon, gesehen hat’s ja keiner. Es geht den Menschen wie den Hunden. Aber: Wer braucht schon einen überdrehten Hund, der ununterbrochen nervt und um einen herum hopst? Spätestens da hat Aliki wieder unsere Aufmerksamkeit. Getreu des Mottos „Nach Müd kommt blöd“ braucht ein blöder Hund nicht mehr Auslastung, sondern Ruhe und Reizabschirmung, kein bodentiefes Fenster mit Passantenkino nach dem Toben auf der Hundewiese und vor dem Nachmittag in der Hundeschule, sondern ja; Sendepause, gerne auch mit räumlicher Begrenzung wie einen Zimmerkennel, auf jeden Fall einen Ruheplatz.
Und wie ist das mit den Leckerchen für‘s Ausruhen? Schlecht, ganz schlecht, denn die Erwartungshaltung: „Oh, gleich gibt es Futter!“ verträgt sich nicht mit Ruhe und Nichtstun, ebenso wenig ein begeistertes: „Hey, fein gemacht!!“
Pause und Ende der Pause, darüber wird der Hund informiert, auch bei der Besprechung mit dem Trainer zwischen zwei Übungen.

Auch für das ruhige Neben mir hergehen soll es auch kein Leckerchen geben. Bei Bedarf erfolgt ein Zurückschieben auf den Platz neben mir, eine räumliche Begrenzung muss genügen. Ich fasse mich mal wieder an meine eigene Nase. Ruhig sein, das kann ich selbst so schlecht, da muss ich mich mehr anstrengen, dass ich den Hund nicht kirre mache.
Und Impulskontrolle, ja die funktioniert auch bei mir viel besser, wenn ich ausgeruht (satt und zufrieden) bin. Impulskontrolle ist zwar trainierbar, aber auch anlagebedingt gut oder schlecht. Kann ich meinen Hund zwingen auszuruhen? Ein Stück weit ja, und das zu seinem und meinem Glück, dazu werden auch Übungen vorgestellt.

So, und dann ist auch schon Schluss. Hatte ich erwähnt, dass der Vortrag durch zahlreiche Videos aufgelockert auch einen Eindruck von der Praxis vermitteln konnte? Die ist natürlich durch nichts zu ersetzen, aber das ist ein solides theoretisches Fundament auch nicht.

Was wäre es schön, wenn auch nach Corona so gute Vorträge zur Weiterbildung ONLINE angeboten würden! Dann hätte die Pandemie auch was Gutes gehabt.