Schrecken mit Zecken

Flöhe hatten wir nur einmal im Haus in den fünf Jahren mit der Hoviline, und die hatte der Kater angeschleppt. Der ist dann zu den hundelosen Nachbarn gezogen, aber das ist eine andere Geschichte. Viel schlimmer als Flöhe finde ich die alljährlichen Zecken. Die sitzen nicht tief im dunklen Wald, sondern, wie Deutschlands wohl bekanntester Förster Peter Wohlleben schreibt, dort, wo das Tiertaxi regelmäßig vorbei kommt: am Wildwechsel, an den Gräsern der duftenden Pipistelle. Der Hund schnüffelt rum und Zack! ist der Transfer auf die Nase vollzogen. Die Gangway hinauf wird das Schiff gestürmt für das Cruising mit Vollpension. Im Fell eines dunklen langhaarigen Hundes beginnen nun heimliche Tage der Schlemmerei und irgendwann findet mensch eine unappetitlich grau-rote Kirsche mit kurzen zappeligen Beinen auf dem Boden. Uärks. Es ist Zeit für eine Feuerbestattung, die Fahrt durch den Ausguss reicht nicht. Eine Zecke pro Jahr, pro Monat wäre ja noch ok, vielleicht. An guten Tagen erntet der Hund einer Freundin beim Mantrailing 35, ja bis zu 100 Zecken in Wald und Flur. In allen Größen, denn alle drei Stadien der Zeckenentwicklung saugen gerne Blut. Abgesehen von den ästhetischen Mängeln der Spinnentiere sind die sogenannten Lästlinge auch Überträger von Krankheiten. Nebenbei bemerkt: Lästlinge heißen sie auf den Internetseiten zur alternativen Zeckenbekämpfung. Bei den schulmedizinisch aufgestellten Seiten etwa der Pharmafirmen wird der Gemeine Holzbock beim Namen genannt: Ektoparasit, d.h. er ist draußen und nicht wie die Würmer drin im Hund.

 

Also, die Lästlinge sind blöd und die Ektoparasiten potentielle Krankheitsüberträger: Kleine Entzündungen der Haut fände ich noch erträglich, Angst bekomme ich bei Borreliose. Anaplasmose. Die Kombination beider Erkrankungen lässt sich auch bei einem Zeckenbiss erwerben, und gemeinsam sind die Verläufe auch tödlich. Es ist statistisch nicht relevant, dass ein mir bekannter Hund mit drei Jahren schwer erkrankte, erfolgreich behandelt wurde und mit nicht ganz sechs Jahren an einem Wiederaufflammen der Anaplasmose verstarb. Es ist auch nicht repräsentativ, wenn mir auf einer Hundeschau erzählt wird, dass jener Rüde dort nach einer Borreliose an Epilepsie leidet. Es relativiert allerdings meine Angst vor dem Einsatz der „Chemiekeule“, die in vielen Hundeforen in Verruf geraten ist. Bei einer Fuchsräude, wie sie dieses Jahr in Schleswig-Holstein auftrat, bleibt einem nichts als der Einsatz von Sarolaner (Symparica©) übrig. Immerhin, Repellents wie Imidacloprid und Permethrin (Advantix©) bieten einen gewissen Infektionsschutz, schreibt mein tierärztlicher Lieblingsblogger, Herr Rückert aus Ulm.

 

Aber noch sind wir bei den Zecken, das ist alltäglicher und kommt auch in den besten Gärten vor, wenn die Rehe, Igel und Hasen schon mal Zutritt hatten. Kurz mähen und den Rasenschnitt entsorgen, das ist dann eine gute Idee.

 

Kleiner Einschub zu den Risiken einer Borrelieninfektion:

Zu den Erkrankungszahlen beim Menschen äußert sich das Robert-Koch-Institut https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_LymeBorreliose.html, ca. 2,4% der deutschen Bevölkerung wurde wegen Borreliose im Jahr untersucht oder behandelt. Der Anteil der durchseuchten Zecken wird in Wikipedia mit 5-35% angegeben. In einer Studie mit knapp 6000 Hunden waren je nach Region 1,9 -10,3% der Hunde Antikörperpositiv, hatten also Kontakt mit Borrelien. Zu den verschiedenen Erkrankungsstadien empfehle ich https://de.wikipedia.org/wiki/Lyme-Borreliose_des_Hundes, die Impfung des Hundes wird in Schleswig-Holstein zumindest nicht empfohlen. - Ende des Einschubs.

 

Die in Internetforen verschrienen Tabletten sind eine saubere Lösung, überschaubar im Aufwand, zu geben alle drei Monate bei Fluralaner (z.B. Bravecto©) oder einmal pro Monat Soralaner (Symparica©). Von „Mein letzter Hund ist an Leberkrebs gestorben auch ohne Bravecto“ bis „Das ist problemlos auch bei Trächtigkeit, sagt meine Tierärztin.“ habe ich schon alles gehört auf der Hundewiese. Vom Einsatz der Mittel überzeugen können werde ich niemanden, der Insektizide für nicht vertretbar hält. Die unter dem Namen Bravecto© vertreibende Firma wehrt sich inzwischen vor Gericht gegen Falschbehauptungen: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/olg-koeln-6u92-17-arzneimittel-werbeverbot-shitstorm-falschbehauptung-ueber-produkte/

 

Ich persönlich finde "die Tablette" ideal, wenn etwa Kinder im Haus sind, die auf keinen Fall Spot on von Hund auf Hand in den Mund nehmen sollen. Die Spot ons sind einmal monatlich auf die Haut aufzutragen. Bei der Hoviline ziehe ich einen Scheitel im Nacken und Rücken, es wird auf vier verschiedenen Punkten verteilt und es erfordert einige Übung, damit die ölige Soße auf der Haut bleibt und sich nicht in den langen Haaren verteilt und verklebt. Sieht eine Woche eklig aus und drei Tage lang darf der Hund nicht baden, nicht schwimmen gehen. Hände waschen nicht vergessen. Alternativ gibt es ein Halsband mit Deltamethrin (Scalibor©), das mit mehreren Monaten Wirkdauer die Saison mehr oder minder abdeckt. Kein Geschmiere. Vorm Baden gehen bitte abnehmen, das Halsband gibt auch im Wasser Wirkstoff ab und tötet zuverlässig Insektenlarven und ihre Fressfeinde. Was tun wir da auf den Hund? Nervengift für Insekten. Gesund ist es sicherlich nicht auch für Wirbeltiere. Die Dosis macht das Gift? Es gibt auf Facebook auch Tierärzte, die sich gegen das systematische Vergiften unserer Haustiere durch die Pharmalobby aussprechen und im nächsten Atemzug „Ozonisiertes Öl zum Abfangen freier Radikale“ zur Nahrungsmittelergänzung anbieten. - Die Halbwertszeit von Ozon als hervorragendem Desinfektionsmittel wird an anderer Stelle mit 30 min angegeben. Ergo: Das Öl wird zumindest sauber sein.

 

Was gibt es für den nachdenklichen, gerne umweltbewussten Hundehalter an Alternativen? Ungiftig, gut verträglich, sauberer noch als ozonisiertes Öl, das fände ich auch gut.

 

Schwarzkümmelöl wurde mal empfohlen, nachdem der junge Mann, der es bei „Jugend forscht“ gegen Neurodermitis eingesetzt hatte, die Zecken abweisende Wirkung bei seinem Hund beobachtet hat. Dann war zu lesen, es sei giftig für die Hundeleber. Mit Kokosöl (von innen und außen) und Knoblauch (der ja auch giftig sein soll ab einer gewissen Dosis) hab ich keine Erfolge erzielt. Allerdings hab ich auch fälschlicherweise das nicht mehr stinkende, desodorierte Öl aus der Küche genommen und getrockneten Knoblauch als Granulat eingesetzt. Citronella, ein Eukalyptusextrakt, war noch nicht dran. Es wird auch zum Abgewöhnen von Dauerkläffen eingesetzt, weil der Hund den Geruch nicht mag und eben gegen Zecken, weil die den Geruch auch nicht mögen sollen. Der Hund gewöhne sich daran zu riechen wie ein angelutschtes Zitronenbonbon. Lavendelduft helfe auch, das kannte ich bisher bei Kleidermotten. Eine Studie der Stiftung Warentest zeigte die Wirksamkeit von Lavendelöl bei einzelnen Hunden: https://www.test.de/Zeckenmittel-fuer-Hunde-Biest-beisst-Hund-1107105-1107108/

 

B-Vitamine werden auch gefüttert. Der Geruch soll ebenfalls die Widerlinge abschrecken. Man nehme Bierhefetabletten, Pulver aus der Barfer-Küche oder etwas anderes. B-Vitamine sind wichtig für Nervensystem, Haut, Wachstum, viele Stoffwechselprozesse. Ein Zuviel der wasserlöslichen Vitamine wird über die Niere ausgeschieden, das klingt zumindest, als würde ich meinem Hund keine zusätzlichen Probleme einhandeln. Mit den für Menschen empfohlenen Anti-Insekten-Sprays (Zedan© Autan©, Anti-Brumm©…) kommt man wieder bei den Insektiziden an. Da allerdings ohne Dosisangaben (Wieviel sprüht man denn so?), wie sie ja beim Spot on immerhin nach Gewicht des Hundes vorgegeben sind.

 

Was bleibt?

 

Der Zeckenabwehrultraschallanhänger fürs Halsband. Ökologisch wertvoll, arbeitet mit völlig unbedenklichen Ultraschall-Impulsen. Die Batterie ist bei einer Billigversion nicht austauschbar, soll aber ein Jahr halten. Zecken sind keine Fledermäuse, ich weiß nicht, ob sie Ultraschall wahrnehmen. Zecken können Hell-Dunkel unterscheiden, über Tasthaare an den Beinen Untergründe erfassen, Vibrationen und feuchte Wärme. Der Geruchssinn ist gut entwickelt, u.a. orientieren sie sich an ausgeatmetem CO2, Ammoniak, Milchsäure und Buttersäure. Zum Festkrallen am Opfer benötigen sie Bruchteile einer Sekunde. Ich kann mir nicht vorstellen wieviel Duftstoffe ich benötige, um nicht mehr nach Schweiß und Ammoniak zu riechen, und atmen tu ich automatisch genau wie mein Hund.

 

Die EM. Nicht Elektronenmikroskop, sondern effektive Mikroorganismen. Ineffektive Mikroorganismen hätte die Evolution schon ausgerottet, Borreliosebakterien sind auch effektiv. Aber das hier sind die guten, mein Sohn hat mir mal welche für den Schnellkomposter-Küchenhocker empfohlen. Aber das sind wohl andere? Das folgende ist ein Zitat: „Ganz kurz: Effektive Mikroorganismen sind verschiedene Bakterien und Pilzstämme, die gesunde Stoffwechselprozesse in Gang setzen und synergetisch funktionieren (ohne Zugabe anderer Stoffe). Sie bestehen hauptsächlich aus Milchsäurebakterien, Photosynthesebakterien und fermentaktiven Pilzen.“- Zitatende. (https://www.bio-bahnhof.de/EMKeramikHund) Keramik wird gebrannt bei über 1000° Celsius. Milchsäurebakterien könnten die Attraktivität für Zecken allenfalls steigern, wenn sie nach dem Brennen noch am Leben wären. Das sind sie, sagt mir Tante Google: Das halten einige Bakterien anscheinend aus, so zumindest steht es im Internet: www.effektive-mikroorganismen.ch/was-ist-em-keramik/. Die meisten Photosynthesebakterien sind anaerob und sterben bei normaler Umgebungsluft, nur die sogenannten Blaualgen, Cyanobakterien, sind aerob – und mal langsam, die Produktion von Sauerstoff in Keramikperlen soll Zecken verschrecken? Alles falsch, ganz falsch, das Brennen erfolgt im Sauerstoff freien Milieu und die Information, also nicht die DNA, irgendetwas anderes Informatives wird aus den Mikroorganismen auf die Keramik übertragen, alles gut. Bei den „Fermentaktiven Pilzen“ habe ich aufgegeben, das sind u.a. Hefen, aber was tun die gegen Zecken? Sie sind „natürlich“, helfen bei der Verdauung, gegen schuppendes Fell und energetisieren Trinkwasser, so geht es weiter und dann wieder ein Originalzitat: „Wirkliche Belege für die Wirksamkeit der verschiedenen Mittel sind bisher schwammig. Das ist ein generelles Problem beim Zeckenschutz und soll deshalb hier auch nicht Thema werden.“

Und weiter: „Effektive Mikroorganismen lösen in Keramik eine Resonanzschwingung und Stoffwechselaktivität aus, die in jedem Milieu regenerative Prozesse verstärkt und degenerative Prozesse behindert. Die von EM-Keramik ausgehenden Schwingungsinformationen harmonisieren und vitalisieren Fell und Körper des Hundes und wirken abschreckend auf Zecken.“ Zitatende, Quelle wie oben.

 

Fazit: Mein Hund hat Zecken, aber er riecht gut dabei, nach Zitrone, Lavendel, Knoblauch und provenzalischer Küche, nach Kokosnuss und Südseeurlaub, mehrfach täglich vor jedem Gassigang eingeschmiert und besprüht. Ein hübsches Kettchen trägt er auch, mit EM-Keramikperlen und farbigem Ultraschallanhänger. Wenn ich dann noch Silikon haltiges Fellpflegespray auftrage, dann rutsche nicht nur ich auf dem Linoleumboden auf sämtlichen Liegeplätzen der Hoviline aus, sondern auch der gierige Gemeine Holzbock verliert den Halt seiner T-förmig ausgebreiteten Vorderfüße und kracht auf den Waldboden: „Guckst du, ne?“

 

Wenn ich das glauben könnte, würde ich auch gucken. Bis dahin bleibe ich beim wohl dosierten Gift.

 

Nachtrag: Meine Freundin sagt, dass das Fellpflegespray wirkt.

Wenn die Hündin Bravecto gekriegt hat UND sie das Spray aufträgt, dann hat ihre Blondine weniger Zecken auf sich drauf.